Liebe Lovebirds,

Gedichte, speziell solche über die Liebe, sind immer etwas Besonderes. Nicole Roesler, Marketingguru, Stilikone und Verfasserin von Liebesromanen, die irgendwo zwischen Trash und Philosophie angesiedelt sind, ist ihrem Genre untreu geworden und hat eine Ode auf die Liebe verfasst, die ich Euch nicht vorenthalten möchte; denn ganz im Stil der alten Meister malt Nicole hier ein sehr realistisches Bild der Liebe an sich, das schön ist und schmerzvoll zugleich, das man aber immer wieder ansehen möchte. Viel Freude beim Lesen wünscht Euch

Eure Julia.


 

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NICOLE ROESLER

Ode an die Liebe 2.0

Wir Menschen, geboren aus dem Zauber der Vereinigung.
Sternenstaub-Geschöpfe sind wir,
Recycling intergalaktischer Wertstoffe,
zur Nähe verdichtetes Nichts und
deshalb ein Alles zugleich.

 

Aus Kosmos gefügt
sind wir die Spiegel des Universums,
und von der Liebe ganz gemacht.
Oder … in Millionen Spiegelsplitter zersprengt.

 

Göttin und Gott sind wir einander,
sind die Essenz des Lebens
und bleiben doch Körner aus Staub,
Bruchstücke und makelhaft, gleichwohl erleuchtet.

 

Du, Liebe: dein großes Geschenk,
lastest auf unseren Schultern,
zu denen das rasende Herz hochschlägt.
Mal bist du Gold, mal Eisen,
mal Nahrung, mal Gift,
bist Gottesgeschenk oder Leihgabe des Teufels.
Bist ein Blitz am Morgen
und operierst am offenen Herz.
Du erweckst und erschreckst.
Verführst uns mit Zauber und Verblendung.
Du Weltenwandlerin:
Kommst du, ist nichts ist mehr, wie es war.

 

Und dunkler Trank bist du und Obsession.
Und Heroin der Einsamen.
Wer sich dir hingibt, ist dir schon verfallen!
Dein Feuer setzt unser Herz in Brand,
schlägt aus der Seelenglocke einen Jubelton
und Verzweiflung aus Verstand.
Aus dir fliehen tausend Ängste zum Alarm.

 

Du Wütende.
Du Schöpfer und Zerstörerin.
Du stößt mich aus der Alltagssänfte ins Gefühlsgeröll,
Klüfte bergab, du Wettersturz,
Tsunami, Angst und Schiffbruch mit dir bringend …

 

Und wie du uns erweckst und verlebendigst
und zu Malerinnen unsres Lebens machst.
Auf deiner Palette finden wir von allen Farben
die buntesten und alle Schattierungen von Grau
bis hin zur Höllentor-Verzweiflung.
Dein Farbwerk druckt Empfinden in Millionen Farben.
Wehe, wenn du uns verlässt,
dann verdorrt das Herz
wie eine Rose in vergessner Vase.

 

Wir verlieben uns in einen anderen und in uns selbst.
Ja, in das Bild, das du von uns gemalt
mit einem Hoffnungspinsel und einem aus Begierde.
Magie entsteht, wenn zwei Seelen und zwei Herzen sich verbinden.
Zwei Körper zu einem verschmelzen.
Doch was, wenn aus diesem Bild kein Leben wird
und unsre Liebe ohne Echo bleibt und stumm?

 

Mit strengem Auge forderst du und formst uns neu.
Zerstörst die Langeweile, die Sterben ratenweise impliziert.
Verleitest uns zu Lust, Leichtsinn und Leidenschaft.
Macht uns verrückt … bis an den Rand des Wahnsinnsbechers.
Und manchmal zwingst du uns, ihn zu leeren.
Machst uns schon morgens bang und unser Sein verletzlich.
Doch todesmutig auch und strahlend wie ein Stern,
mit dir brennen wir als Feuerwerk am Firmament.

 

So leben wir als neugeborner Stern
am Himmel schwebend leicht und hoch.
Neu und abenteuerlustig sprudeln uns die Sinne,
denn mit dir trinken wir am Quell des Lebens.
Rebellengleich erheben wir uns
über Besserwisserei und Mittelmaß und traumtötende Zweifel.
Frei fliegen wir als Vögel auf der Liebe Schwingen.

 

Doch wer in höchste Höhen sich erhebt, der kann tödlich fallen!
Wenn die Liebe erstirbt, versickert das Leben aus dem Kelch.
Der Zaubertrank ist fort, unsere Gefühle verschwendet.
Der Liebe Feinde sind allgegenwärtig immer da.
Gewohnheit ist des Amor und des Eros schlimmster Feind.
Aus hochfliegender Erwartung wächst Enttäuschung bitter.
Nie bleibst du der Gott, den einst die Liebe in dir sah.
Wie jeder Drogentaumel so lässt der Rausch der Liebe nach
und fordert nüchtern harte Disziplin
auf trocknen Alltagsstrecken.

 

Was einzig war, unendlich schön,
muss bald mit Eifersucht, Besitz, Verachtung kämpfen.
Dann ziehen Horden aus Betrug und Lüge und Gewalt
in die verehrten, heilgen Hallen.
Klischees und Konventionen ersticken,
was einstmals blühte und gedieh.

 

Erst wenn die Liebe uns verlässt, erkennen wir,
welch großes, kostbares Geschenk sie war.
Und wie wenig wir noch sind … ganz ohne Liebe und alleine.

 

Doch Herzen brechen nicht wie Stein.
Sie pochen weiter, selbst wenn sie
verletzt durchbohrt sind und zerstochen.

 

Manchen Menschen überkommt die Liebe
und die Erfahrung ihres Todes nicht.
Doch wirklich tot kann sie niemals sein.
Sie wohnt, haust, birgt in jedem Herzen sich,
ist immer da, doch selten offensichtlich.
Ein geschnittnes Herz ist eines, das auch offen ist.
Erst Schrammen, Wunden, Schmerzen
lehren uns Präsenz und Wirklichkeit der Liebe.

 

Sie ist das Göttliche in uns.
Sie ruht und wächst in dir und mir und jedem,
ist überall, allgegenwärtig,
wenn wir sie erkennen.

 

Das Leben ist eine Ode an die Liebe.
Und die Liebe eine Ode an das Leben und die Leidenschaft.
Ohne sie wäre der Garten Eden nichts als Wüste,
unser Leben ohne Schönheit, ohne Sinn.
Die Liebe ist die Mutter und der Vater allen Seins.
Zelebrieren wir sie also. Kämpfen wir für sie
und lernen, sie an Tagen loszulassen,
an denen sie für uns nicht heilsam ist.
Dann wird die Seele frei für wahre Liebe.
Dann wird das Leben liebenswert
und lebenswert die Liebe!
Und die Sterne am Himmel:
sie jubilieren mit unseren geheilten Herzen.

 

 

 


Titelfoto: stock.adobe.com © librakv