Liebe Lovebirds,

da Luxemburg eines der ersten Länder ist, die in der Corona-Zeit die Grenzen wieder öffnen, möchte ich Euch die Schönheit und Besonderheit dieses Landes nicht vorenthalten. Es eignet sich nicht nur für einen Wochenendausflug, sondern auch für einen längeren Urlaub, da es hier auf sehr hohem Niveau vieles zu bestaunen und erleben gibt. Das wusste auch Johann Wolfgang von Goethe, der am 15. Oktober 1792 über jenes besondere Land in der Mitte Europas schrieb: „Hier findet sich so viel Größe mit Anmut, so viel Ernst mit Lieblichkeit verbunden, dass wohl zu wünschen wäre, Poussin hätte sein herrliches Talent in solchen Räumen betätigt.


 

So fern und doch ganz nah

Mir jedenfalls ging es so und ich war mehr als erstaunt, als ich begriff, dass sich hier ein Refugium auftut, welches man nicht nur einmal besuchen sollte.  Das liegt zunächst einmal an der Entfernung. Egal, wo man in Deutschland lebt – in weniger als 60 Minuten ist man mit dem Flugzeug dort. Wohnt man näher an der Grenze, sollte man natürlich das Auto oder die Bahn bevorzugen.  Der hochmoderne Flughafen liegt übrigens nur ca. 15 Minuten von der Innenstadt entfernt, was sich als ein weiterer Vorteil herausstellt. Schon auf der Fahrt nach Luxemburg City fällt einem auf, dass hier alles ziemlich relaxed zugeht. Kein Wunder, denn es herrschen hier Mittelalter, Museumskultur, Michelin-Sterne und Moselwein. Warum sollte man sich also stressen?

 

Reichtum macht erfinderisch

Luxemburgs Reichtum stammt ursprünglich aus den Erzvorkommen im Süden des Landes. Dann kam das Steuerparadies, und heute sind es die EU-Institutionen (Europäischer Gerichtshof, Europäischer Rechnungshof, Europäische Investitionsbank, Sekretariat des Europäischen Parlaments), die Banken, die hier ihre Fonds verwalten und amerikanische Unternehmen, wie Amazon, die ihre europäische Unternehmenszentrale und ihren Verwaltungssitz vor Ort haben – warum gerade hier, darüber darf man spekulieren. Ohne diese wirtschaftlichen Maßnahmen freilich müssten die ca. 200.000 Pendler aus Deutschland, Frankreich und Belgien, die täglich zur Arbeit in das Großherzogtum kommen, anderweitig versorgt werden …

 

Kultur! Kultur! Kultur!

Wo Reichtum herrscht, da ist auch die Kultur nicht fern. In Luxemburg eröffnen Buchhandlungen, in Deutschland werden sie geschlossen. Die Anzahl der Galerien wächst ständig, die Ausstellungen haben inzwischen internationales Format. Und neben der superben Philharmonie, in der Künstler von Weltrang auftreten, gibt es auf dem Kirchberg-Plateau (gegenüber der Altstadt) das MUDAM (Museé d’Art Moderne), welches für 88 Millionen Euro vom chinesischen Stararchitekten Ieoh Ming Pei errichtet wurde. Ich wohnte bei meinem allerersten Besuch der Eröffnung des Design Festivals „Me craft – You industry – We design“ bei und staunte ob der unglaublich gelungenen Photo-Ausstellung „Appearance“ des Kanadiers Jeff Wall, der „Spaceship“- Installationen des Japaners Susumu Shingusowie der Mudam Collection mit Werken von Stan Douglas, Günther Förg, Julian Schnabel und vielen anderen international renommierten Künstlern. Ich lernte aber noch das Casino-Forum of Contemporary Art kennen und viele kleine Kunsthandlungen, von denen mir die Galerie Clairfontaine besonders gelungen scheint. Marita Ruiter, gebürtige Österreicherin, kümmert sich hier vor allem um photographische Kunst, von Gisèle Freund bis Liza Ambrossio.

 

Lea Linster Superstar

Neben den geistigen Genüssen dürfen natürlich auch die körperlichen nicht zu kurz kommen. Luxemburg ist voll von Feinschmecker-Lokalen und -geschäften jeder Art. Kein Wunder, heißen doch die Gourmet-Nachbarn Frankreich und Belgien. Vielen deutschen TV-Zuschauern ist vermutlich die Spitzenköchin Léa Linster durch die Shows Die Küchenschlacht, Lanz kocht und The Taste noch ein Begriff. In der Altstadt von Luxemburg hat sie ein kleines Geschäft und verkauft dort vor allem Madeleines und Quiche sowie ihren eigenen Crémant. Sie verfügt über einen Michelin-Stern sowie über den Bocus d’Or;  ihr Restaurant Lea Linster in Frisange hat mittlerweile ihr Sohn übernommen. Die umtriebige Köchin ist eine echte Entertainerin und begeistert jeden, der zu ihr kommt, durch ihre liebevolle Spontaneität, ihren Charme, ihren Witz und ja – natürlich auch durch ihre Kochkunst. Ich selbst bin zwar eher ein Fan der mediterranen Küche mit seinem Olivenöl, in Luxemburg dagegen wird eher mit Butter gekocht, aber in Kombination mit dem Klima und den Produkten ist dies durchaus passend.

 

The City of Science

„Plenus venter non studet libenter“ wussten schon die alten Römer, weshalb es jetzt Zeit für einen kleinen Abstecher in den Süden Luxemburgs ist, nach Belval, das „Land der Roten Erde“. Hier, auf dem ehemaligen Gelände des Eisenerzabbaus, entstand um die letzten beiden Hochöfen herum für € 1,9 Milliarden die City of Science, eine Mischung aus Wohnen und Studieren, aus Universität und Geschäftsraum. 7000 Studenten sollen hier einmal ihren Beitrag zur Wissenschaft leisten und weitere 20.000 Personen arbeiten. Durch ein waghalsiges Zusammenspiel von moderner Architektur und Industriedenkmälern wurde hier auf 120 Hektar eine Stadt geboren, die ihresgleichen sucht.

 

 

RTL und der Wasserturm

Überhaupt sind die Luxemburger sehr kreativ, wenn es um die Umwandlung von nicht mehr gebrauchten Industrieanlagen in Kunst geht. Ein weiteres Beispiel ist das Städtchen Dudelange, ebenfalls im Süden gelegen, wo man einen alten Wasserturm in eine Bildergalerie umgewandelt hat, in der neben einer Dauerausstellung des weltberühmten luxemburgisch-amerikanischen Photographen Edward Steichen auch andere Luxemburger Künstler wie der Schauspieler Thierry van Werwecke (vor allem bekannt aus Knockin‘ on Heaven‘s Door) temporär gewürdigt werden. Gleich daneben: das Centre National de l’Audivisuel, in dem alles aufbewahrt wird, was je an Kunst in Luxemburg an Radio, Film und Fernsehen (großes RTL Archiv) entstanden ist.

 

Der Amphorenwein

Finanzen, Kunst und Kultur machen die eine Seite Luxemburgs aus, die andere besteht aus Natur, Essen und Trinken. Hier einige Beispiele: Die Mosel gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auf 39 Kilometern auch in Luxemburg. Wie auch in der BRD wird hier Wein angebaut, Riesling, Pinot Gris, Auxerrois. Crémant wird allerorten produziert, und in der Domaine Viticole von Laurent  und Rita Kox versucht deren Tochter Corinne etwas ganz Besonderes: Sie macht Wein in Amphoren, wie die Römer vor 2000 Jahren. Die Tongefäße, gefertigt in Georgien, werden in die Erde gelassen; anschließend kommen die Trauben hinein und sind dem natürlichen Gehrungsprozess überlassen. Aus 1000 Litern werden auf diese Weise 700 Flaschen, deren Inhalt leicht rauchig schmeckt wie bei vielen Chardonnay-Produkten. Noch ist das Ganze etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich bin sicher, dass da etwas im Entstehen, das, wenn ausgereift, ein guter Ersatz für jenen Wein ist, der fast überall Sulfite enthält. Und ob die gut sind, darüber streitet die nicht nur die Weinwelt.

 

 

Das Gesetz nur kann uns Freiheit geben

Hat man zu viel davon erwischt, kann man seinen Kater am nächsten Tag bei einer Wanderung im Müllerthal, der „Luxemburgischen Schweiz“ loswerden.
www.mullerthal-trail.lu/de

Diese einzigartige Landschaft aus Sandsteinfelsen mit Kletterstegen und Wanderwegen könnte die Kulisse für manchen Mystery-Film darstellen; ihre Schluchten, Höhlen, Felsspalten und Felsplatten in schwindelerregenden Höhen sind manches Mal derart bizarr, dass man auf den verschiedenen Trails sich wie in einer Urzeitwelt fühlt. Wer sich anschließend stärken möchte, tut dies entweder im Restaurant Becher Gare mit seiner grandiosen Aussicht oder bei einer Apfel-Cider-Verkostung in Born, in einer alten Scheune (Ramborn Cider Haff), wo alles 100%ig ökologisch ist. Die Früchte stammen von den wiederbelebten Streuobstwiesen, die sich in dieser Gegend befinden. Frischer und belebender geht es kaum – und wer den Apfelwein „Made in Luxemburg“ kennen gelernt hat, möchte ihn nicht mehr missen, genauso wie jenes Land, durch dessen Städtchen Schengen die Reisefreiheit in Europa begründet wurde. Freiheit ist vielleicht jener Wert, der Luxemburg am meisten kennzeichnet. 48% der Einwohner sind Ausländer, die meisten Menschen hier sprechen drei bis vier Sprachen, man ist vollkommen relaxed und seit Kurzem können sowohl Luxemburger als auch Touristen für € 0.- am Tag auf dem gesamten Streckennetz von Bus, S- und Eisenbahn das Land durchqueren. Einen Zwang gibt es trotz aller Libertinage dann aber doch: die Wahlpflicht. Aber wer weiß, vielleicht funktioniert die parlamentarische Demokratie gerade deswegen hier so gut? Das wusste auch der eingangs zitierte Goethe, als er schrieb: „Das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.“

 

Quadro Pole: Vier Städte – drei Länder

Für Lovebirds habe ich noch eine besondere Empfehlung parat: die „Vier Städte – drei Länder – Erfahrung.“. Mit den Städten sind Metz in Frankreich, Saarbrücken und Trier in Deutschland gemeint – drei Orte, die vom Standpunkt Luxemburg (City) aus jeweils nur eine Stunde entfernt liegen und sich für tolle Ausflüge eignen.

 

Metz: Gothik meets Future

Erfährt man schon in Luxemburg viel von der französischen Gelassenheit, verstärkt sich dieses Flair in Metz geradezu. Als erstes sollte man das 800 Jahre alte Wahrzeichen der Stadt besuchen, die Cathédrale Saint-Etienne, ein steingewordenes Gebet, das auch gerne als „Laterne Gottes“ bezeichnet wird, da das Lichtspiel im Inneren so grandios ist, dass man dieses Gotteshaus nur ungern wieder verlässt. So ging es auch Marc Chagall, der hier einige der Glasfenster mit Motiven aus der Schöpfungsgeschichte gestaltete. Ein Stadtspaziergang sollte sich anschließen, denn genau dabei kann man nicht nur die Geschichte, sondern auch die Gegenwart atmen, und die ist, wohin man auch blickt, voll von alter wie auch neuer Kunst, gesäumt von Cafés und Restaurants. Metz ist ein Gesamtkunstwerk an sich, eine Ode an die Lebensfreude. Diese kann man auch im Centre Pompidou-Metz erleben, einem Ableger des berühmten Hauses in Paris, aber vielleicht, da nicht ganz so wuchtig, noch spannender und zukunftsweisender. Hier wird Kunst aus jeder Richtung geboten – Video, Design, Architektur, Fotografie, Malerei, Installation, Film. Man könnte sicherlich einen ganzen Tag hier verbringen, schon alleine, um die futuristische Architektur des Gebäudes zu bestaunen. Metz ist eine Stadt mit sehr vielen Studenten, unzähligen Gärten, Galerien, Restaurants, Freiflächen und Parks. Ein Ort der unendlichen Inspiration – wie gemacht für Liebende!

 

Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Was Belval für Luxemburg ist, ist die Völklinger Hütte für Deutschland. Eine Stunde von Metz aus gelegen findet man hier das Europäische Zentrum für Kunst und Industriekultur; es ist Weltkulturerbe und Ort für außergewöhnliche Kunstausstellungen gleichermaßen. Ob „Urban Art“ oder das „Gold der Pharonen“ – nichts was man hier nicht präsentieren können, kann doch der Gegensatz zwischen den Hochöfen zur Stahlerzeugung und der fragilen Kunst nicht größer sein. Unbedingt eine bis zwei Stunden für den Besuch einplanen, bevor es zur nächsten Station, Saarbrücken, weitergeht. Selten ist in einer deutschen Stadt der französische Einfluss so spürbar wie hier und zeigt sich nicht nur am „laissez fair“, sondern auch an den kulinarischen Gewohnheiten. Gerade an der Küche Saarbrückens spürt man die Nähe zu Frankreich, resp. Luxemburg, denn das Savoir-vivre hat die gesamte Stadt eingenommen. Und so kann man sich auch hier zwischen Kunst und Kultur wohlfühlen, ohne dabei auf exquisite Speisen verzichten zu müssen. So wie München die italienischste Stadt Deutschlands ist, ist Saarbrücken die französischste …

 

Schwarzes Tor, roter Karl

Die letzte Stadt unserer Rundtour ist Trier, die älteste Stadt Deutschlands, von den Römern schon 16 v. Chr. an der Stelle einer keltischen Siedlung gegründet. Etwa 180 Jahre später entstand das bis heute berühmteste Wahrzeichen der Stadt, die Porta Nigra. Überhaupt sind die Römer überall in der Stadt gegenwärtig, im Amphitheater etwa oder ein den Kaiserthermen. Alle Wege führen zwar nach Rom, aber die Antike kann man auch wunderbar in Trier studieren. Die Zukunft einer Weltmacht hingegen repräsentieren die vielen chinesischen Touristen, die man in Trier Tag für Tag antreffen kann. Sie interessieren sich weniger für Kaiser Augustus oder Caesar, sondern für Karl Marx, den berühmtesten Sohn der Stadt, vor dessen bronzenem Standbild  (ein Geschenk Chinas) sich die Schulklassen stolz fotografieren (lassen). Sie wissen natürlich nicht, dass aus einem einst idealistischen Ansatz eine Ideologie entstand, die im Wettstreit mit einer anderen Ideologie der Welt nicht nur Gutes bescherte …

Um eine solche zerstörende Wiederholung zu verhindern, wurden der europäische Gedanke geboren und viele Institutionen eben genau deshalb in Luxemburg angesiedelt. Von hier aus soll das „Nie wieder Krieg“ dauerhafte Wirklichkeit werden, ganze gelungen ist es noch nicht … Aber als Lovebirds stehen wir ohnedies auf der friedlichen Seite – und somit sind ein Aufenthalt in Luxemburg und die Er-Fahrung der drei Länder und vier Städte bleibende Erinnerung, die vor allem eines schafft: Verständnis für unseres Geschichte und für das jeweilige Gegenüber. Ich wünsche Euch, dass Ihr gerade bei dieser Reise entdeckt, wie wichtig beides ist …

 

Eure Julia.


 

Wohnen

Hotel Simoncini
Perfekte Lage am Rand der Fußgängerzone, Kunstgalerie, nicht luxuriös
www.hotelsimoncini.lu

Le Place d’Armes
Luxushotel in der Altstadt mit Gourmet-Restaurant von Fabrice Salvador (1 Michelin-Stern)
www.hotel-lepladedarmes.com

 

Für Paare/Pärchen empfiehlt eine in Luxemburg ansässige Freundin:

Les Jardins d’Anaïs
https://jardinsdanais.lu

Pipistrelle Bed & Breakfast
www.pipistrelle.lu

 

Essen

Delicatessen by Lea Linster (in der Altstadt)
www.lealinster.lu

 

Restaurant Lea Linster (in Frisange)
www.lealinster.lu

 

Restaurant Beeftro (in Esch-sur-Alzette, im District Belval)
www.belval.beeftro.com

 

Domaine Viticole Laurent et Rita Kox (in Remich)
www.domainekox.lu

 

Becher Gare (in Berch)
www.bechergare.lu

 

Ramborn Cider Haff (in Born)
www.ramborn.com

 

 Außerdem

Feinkostgeschäft Kaempff-Kohler (berühmt für seine Rieslingpastete) in der Altstadt, www.kaempff-kohler.lu

 

Museum für Zeitgenössische Kunst (MUDAM) am Kirchberg-Plateau
www.mudam.lu

 

Galerie Clairefontaine
www.galerie-clairfontaine.lu

 

City of Science (in Belval)
www.fonds-belval.lu

 

Centre National de l‘Audivisuell (in Dudelange)
www.cna.lu

 

Centre Pompidou-Metz (in Metz)
www.centrepompidoumetz.fr

 

Weltkulturerbe Völklinger Hütte
www.voelklinger-huette.org

 

Wandern und Klettern im Müllerthal
www.mullerthal.lu
www.mullerthal-trail.lu/de