Liebe Lovebirds,

Kunst ist ein enorm wichtiges Mittel, sich und seine Gedanken, sich und seine Gefühle, sich uns seine Vorstellungen, Wünschen, Hoffnungen, Ängste etc. auszudrücken. Das kann in vielerlei Form geschehen, meist in der des Textes, aber besonders spannend wird es, wenn eine Künstlerin das eben Genannte in Bildwerke umsetzt. Im Laufe der Geschichte waren es –  trotz mancher Ausnahmen – Männer, die den Kunstmarkt dominierten, nun scheint es, dass die Evolution dazu aufruft, dass auch Frauen hier erfolgreich sind.

Die Schweizerin Corina Berheide hat deshalb mit www.fem-net.art eine Plattform ins Leben gerufen, bei der nurFrauen ihre Kunst präsentieren. Ich freue mich, Euch dieses Portal präsentieren zu können und hoffe, dass Ihr es rege besucht. Und was ich schon verraten kann: Wir planen einen gemeinsamen Wettbewerb. Dazu demnächst mehr. Jetzt aber erst einmal der Beitrag von Corinna über die von ihr ins Leben gerufene Bewegung.

Eure Julia.

 

 

Corina Berheide:
ART IS FEMALE (WWW.FEM-NET.ART)


 

«Frauen können das nicht…! Punkt.» Aha!

Liebe Lovebirds, kommen Euch diese Worte bekannt vor? Ja? Mir auch. Aber wisst Ihr was? Ich pfeif’ inzwischen darauf. Warum? Weil ich eine Frau bin und es so mache, wie es mir gefällt.

In der Vergangenheit hat sich der Maler George Baselitz mehrfach öffentlich dahingehend geäussert, dass Frauen nicht malen könnten. Um namentlich ein männliches Exemplar aus der Masse herauszuziehen, welches diese Meinung vertritt oder vertreten hat.

Nun, liebe Lovebirds, ich teile diese Meinung nicht einmal ansatzweise. Es ist absurd zu denken, dass Maltechniken nur von Männern erlernt werden können. Somit entsteht hier kein sogenannter Gendergap. Also können Frauen in jedem Fall genauso gut malen wie Männer. Was für mich jedoch in erster Linie entscheidend ist, ist vielmehr die Sicht auf die Welt, ihre Geschöpfe und Gegenstände. Die Themen und wie man diese umsetzt. Also mehr das Motiv und der Inhalt als die Technik.

Diese differenzierte Darstellung ist mir zum ersten Mal bei einem Museumsbesuch in Dresden bewusst geworden. Nach einer schier endlosen Anzahl Kunstwerken von Männern erschaffen, mit mehr oder weniger bekleideten Menschen, blieb mein Blick an einem Bild hängen. Das Gemälde zeigt eine Frau. Sie ist unbekleidet. Ihr Haar ist zu einem lockeren Zopf zusammengebunden. Sie sitzt mit ausgestreckten, nebeneinander liegenden Beinen aufrecht auf einem Bett. Das Bett ist nur als Ausschnitt zu sehen, weder Kopf- noch Fussende sind abgebildet. Das Laken unter ihr liegt unspektakulär auf der Matratze. Ihr Rücken ist im Brustbereich leicht nach vorne gebückt und das Gesicht dem Betrachter bzw. der Betrachterin zugewandt. Ihr rechter Arm ist angewinkelt und der Handrücken liegt unter ihrem Gesäss. Nichts an diesem Bild ist auch nur annähernd erotisierend inszeniert. Keine Posen, die man typischerweise von einem Aktgemälde kennt. Sie sitzt einfach, nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht sogar ein wenig unvorteilhaft, weil ihr Bauch in Falten liegt und ihr Rücken leicht buckelig wirkt. Aber genau diese Natürlichkeit, dieser ehrliche Blick, gibt dem Bild eine Intimität und gleichzeitig eine Nüchternheit. Dies noch betont durch die Farben der Wand im Hintergrund, welche in eckigen Flächen von Beige und Grau gehalten sind. Nur hinter dem Kopf der Frau ist eine kleinere ebenfalls eckige Fläche in Gold gemalt worden, was der Nüchternheit des Bildes ein wenig Wärme zurückgibt.

Also stand ich eine Weile vor dem Bild und überlegte mir, weshalb mich dieses Gemälde so fesselte, offenbar mehr, als alle anderen Bilder, die ich bei diesem Museumsbesuch gesehen hatte. Als ich mir selber die Antwort auf meine Frage gegeben hatte, ging ich hin, um nachzusehen, was auf dem Schild neben dem Bild steht. «Bronica Koller-Pinell (Sitzende (Marietta), 1907)»

Und deshalb, liebe Lovebirds, bin ich nicht der Meinung der Herren Baselitz und Co. Selbst wenn der Kunstmarkt behaupten mag, dass Künstler wertvoller zu handeln seien als Künstlerinnen, liegen sie in meinen Augen falsch. Was Frauen bisher verwehrt blieb, sind weibliche Regeln und Kriterien, was als gut und was als weniger gut taxiert wird. Bisher haben Männer diese Regeln vorgegeben und alle haben diese bis in die heutige Zeit gelebt. Wenn also Herr Baselitz findet, dass Frauen nicht malen können, dann stützt er seine Meinung auf die männlichen Regeln und Gepflogenheiten ab.

Wie jedoch ändern wir diese Regeln? Wie können wir eine eigene weibliche Geschichte schreiben? Indem wir weibliche Kunst fördern und zeigen. Indem Künstlerinnen ausstellen und sich austauschen können. Genau aus diesen Gründen habe ich im September 2019 FEM-NET.ART gegründet. Eine Plattform, auf der Frauen aus allen Sparten der Kunst sich präsentieren, sich treffen und austauschen können. Unser Motto lautet: Our art is female!

Und es freut mich ausserordentlich, dass wir ab September 2020 in der Stadt Zürich unsere erste Galerie eröffnen, in der ausschließlich Frauen, und alle die sich als Frau fühlen, ihre Arbeiten ausstellen und verkaufen werden.