Die Liebe und der Tod

100×LIEBE

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Liebe Lovebirds,

was macht den Tod und die Liebe bzw. deren Zusammenhang so faszinierend? Das Gefühl, welches sie denen, die sie kennenlernen, kennenlernen müssen, bereitet oder schenkt? Ist es nicht ohnedies sonderbar, dass zweiMenschen gleichzeitig den Zustand der Liebe erleben können; dass der des Todes aber alleine vollzogen werden muss? Die Naturwissenschaft sagt, dass Liebe nichts anderes sei als ein biochemischer Prozess, bei dem die Zellen in Millisekunden feststellen, ob das Gegenüber zur Fortpflanzung tauglich sei – eine ziemlich unromantische Vorstellung zugegebenermaßen, aber sie hat nicht nur ihre Berechtigung, sondern auch ihren tieferen Sinn. Denn wenn die Liebe und die mit ihr verbundenen schönen Gefühle einschließlich derer beim Vollzug des Geschlechtsaktes ein Trick des Lebens sein sollten, um sich selbst zu erhalten und dadurch den Tod zu überwinden, dann sollte man diesen Wunsch durchaus respektieren. Natürlich ist der Mensch die einzige Spezies, die es sich verordnen könnte, durch Nicht-Fortpflanzung aussterben zu wollen, und – zumindest theoretisch – könnte dies auch gelingen; aber in der Praxis ist das Leben stärker, will es sich ganz offenkundig selbst erfüllen. Interessant ist in diesem Zusammenhang das lateinische Wort für Liebe, amor. Es scheint hier einen paraethymologischen Zusammenhang mit dem lateinischen Wort für Tod, mors, zu geben. Das a zu Beginn des Wortes deutet auf die Verneinung hin. Amor meint also Nicht-Tod. Mit anderen Worten: Wer liebt, stirbt nicht.

Ein ebenfalls lateinischer Satz besagt amor vincit omnia (alles besiegt die Liebe) – also auch den Tod. Seit jeher macht sich der Mensch darüber Gedanken, ob dem so ist – daher auch die Erinnerungskultur von Pyramiden bis Friedhöfen. Wenn auf einem Grabstein z.B. „Bis wir uns wiedersehen“ steht, dann ist damit genau das gemeint: Der Tod beendet die Liebe zwischen Menschen nicht. Sie ist es, die uns eigentlich adelt, und ohne Liebe gäbe es nicht das, was wir Kultur nennen. Seit jeher handelt alles, was als kulturelle Errungenschaften der Menschheit im Bereich der Künste hervorgetan hat, in erster Linie von dem einem – von der Liebe. Diese ist meist unausgesprochen mit dem Thema Sexualität verknüpft, so dass es eindeutig ist, dass diese beiden Bereiche sich nicht trennen lassen. Als einziger Widersacher tritt nur der Tod auf, weshalb die Psychoanalyse im Menschen zwei Haupttriebe ausmachte, deren Namen der griechischen Mythologie entlehnt sind: Eros und Thanatos.

 

Eros ist der Lebenstrieb, der alles durchströmt. Beim Thanatos (vom griechischen Wort für Tod) wird es schon schwieriger. Er ist nicht nur der Gegenspieler des Eros, sondern auch Bestandteil dessen selbst. Anders gesagt: In jeder Liebe, in jeder sexuellen Vereinigung, ist das Ende derselben schon angelegt, weshalb wir übrigens stets nach Wiederholung streben – solange wir leben.

Angesichts der Vergänglichkeit aber gibt es nichts, das in irgendeiner Weise sinnvoller oder schöner wäre als die Liebe. Selbst wenn wir nicht lieben, sehnen wir uns nach ihr. Und wenn wir die Libido unterdrücken, werden wir vielleicht krank, aber wir schaffen durch die so genannte Sublimation eben auch das, was wir später als Kultur bezeichnen, in der wir uns wohl fühlen und in der wir uns dann wieder dem Thema Liebe in all seinen Facetten (auch hier wissen die Römer Bescheid, wenn sie sagen „Nil pluriformius amore“ – Nichts ist vielgestaltiger als die Liebe) widmen.

Das Hohe Lied der Liebe aus dem Alten Testament kennt den Satz „Die Liebe ist stark wie der Tod.“  Und im Brief des Paulus an die Korinther heißt es: „Nun bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung. Doch die Liebe ist die höchste unter Ihnen.“ Die Liebe ist also nicht nur stark wie der Tod, sondern sogar noch stärker als er. Der Tod wohnt zwar dem Leben inne, ist ein Bestandteil von ihm, aber eben nicht sein Gegenspieler, denn das Leben wird immer über ihn triumphieren – und zwar solange, als wir fähig sind: zu lieben.

Liebe ist Frieden als Freiheit.                                

Euer Hans Christian Meiser.


 

P.S.

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