eine Liebesgeschichte


 

Liebe Lovebirds,

hier habe ich wieder ein wunderbares Buch unseres Pairing Partners dotbooks für Euch. Er heißt „Treibsand – Eine Liebesgeschichte“ und stammt von dem Journalisten Thomas Mersch und dem Musiker und Produzenten Tobias Königshausen. Gemeinsam haben sie bereits einige Romane und zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Zum Inhalt: Steffen kennt sich aus mit Hauptgewinnen – er hat 15 Millionen auf dem Konto. Doch die verblassen neben der Frau, die er gerade kennengelernt hat: Claudia ist alles, was sich ein Mann wünschen kann. Da gibt es nur ein Problem: Sie verschwindet nach der ersten Nacht, ohne sich noch einmal zu melden. Um die Sehnsucht zu vertreiben, stürzt er sich ins Nachtleben. Mit dabei: seine besten Freunde Stöpsel und Malte, jede Menge Alkohol und viel zu viele Zigaretten. Doch kaum hat Steffen seine Gefühle wieder zurechtgebogen, sitzt Claudia vor seiner Tür …

Vielleicht wollt Ihr nach der Lektüre des Prologs und des ersten Kapitels mehr davon? Ich kann Euch nur dazu raten!  

Viel Freude,

Eure Julia.


 

Sie ist bei mir.

Sie beugt sich über mich, lässt ihr Haar meinen Körper streicheln. Ihre Augen suchen mich. Finden mich. Sie sieht in mich hinein. Ein Blick wie eine Berührung. Mein Herz ist so leicht, es schlägt nicht mehr, es schwingt.

Sie ist bei mir.

Ein Gedanke, der alle anderen auslöscht.

Ihre Hand gleitet über meinen Körper. So ist es also, berührt zu werden.

Alles an ihr ist fließend, wie von weichem Wasser geschliffen. Meine Hand liegt an ihrer Brust und ich spüre ihr Herz, wie es schlägt.

Sie zieht mich zu sich.

Ich spüre meinen Atem, der von ihrer Haut zu mir zurückkehrt. Er trägt ihren Geruch und ich nehme ihn in mich auf. Darin ihr Parfum wie eine fast vergessene Idee.

Sie ist bei mir.

Wie unter Wasser verschmilzt der Moment mit der Ewigkeit. Die Zeit davor verblasst. Als ob die Seele sich von allem Ballast befreit und zur Unschuld zurückfindet.

Sie lacht leise, entzückt von mir, und flüstert Tränen in meine Augen.

  

1

 

„Ich muss gehen.“

Claudia lehnte im Türrahmen, das Haar zerzaust. Steffen drehte den Kopf zur Seite.

„Okay“, sagte er. „Dann mach’s gut.“

Er wandte sich wieder der Kaffeekanne zu und goss den Rest heißes Wasser nach. Er hörte, wie sie näher kam. Dann spürte er ihre Hände auf seinen Hüften.

„Idiot.“

Ihre Hände strichen über seinen Rücken, fassten seine Schultern. Es fühlte sich gut an.

„Kaffee ist gleich fertig.“

Sie umarmte ihn und legte den Kopf auf seinen Rücken. „Ich kann nicht“, sagte sie.

„Warum?“

„Frag nicht.“ Sie ließ ihn los und er drehte sich zu ihr herum.

„Gut“, sagte er und nahm sie in den Arm. „Also. Warum nicht?“

„Still.“

Sie sah ihn an und Steffen hatte das Gefühl, dass sie seine ganze Verliebtheit in seinem Gesicht lesen konnte. Aber ihre Augen verrieten ihm nichts.

Sie fasste seinen Kopf und zog ihn zu sich. Sie küsste ihn. „Darum.“ Sie nahm seine Hand. „Ich muss wirklich gehen.“

Steffen sah sie an. „Lass mir deine Nummer da.“

Sie zögerte.

„Gib mir deine.“ Sie lächelte. „Okay?“

Er ging zum Tisch und schrieb seine Telefonnummer auf einen alten Briefumschlag. „Mit Adresse“, sagte er und gab ihr den Umschlag.

Sie betrachtete das Papier, faltete es und schob es in die Hosentasche. „Beim nächsten Mal mit Kaffee“, sagte sie.

Steffen nickte. „Immer zu Diensten.“ Er nahm ihre Hand und sie verließen die Küche.

Als er die Tür öffnete, sah sie ihn an. Sie legte ihre Hand auf seine Wange, küsste ihn. Dann ließ sie ihn los und ging.

„Bis bald“, sagte sie.

Er nickte.

Sie ging die Treppe hinunter.

Er schloss die Tür.

Bis bald.

In der Küche setzte er sich ans Fenster und sah zu, wie sie die Straße hinunterging. Sie schaute nicht noch einmal zu ihm herauf.

Steffen fühlte sich matt, aber viel zu aufgedreht um zu schlafen. Er ging aus der Küche und legte sich aufs Bett.

Er war früh aufgewacht, hatte den Kopf auf den Arm gestützt und sie betrachtet. Sie hatte auf der Seite gelegen und tief und ruhig geatmet. Ihr Atem hatte die Haarspitzen vor ihrem Mund zittern lassen. Durch das geöffnete Fenster waren die Geräusche des langsam aufwachenden Viertels hereingedrungen. Frühaufsteher, die mit Geschirr klapperten. Kinder, die in der Woche morgens aus dem Bett gezerrt werden mussten und dafür am Sonntag die Eltern zur Unzeit aus den Federn krakeelten. Früh am Morgen roch die Luft bereits nach der Hitze des Tages. Und das Mitte September.

Sie war schön, wenn sie schlief. Vielen Menschen gab der Schlaf ein anderes, ein weniger hübsches Gesicht. Als hätten sie tagsüber eine Maske auf, die ihnen die Nacht entriss. Sie hatte neben ihm gelegen und er hatte nicht aufhören können, sie anzusehen. Ihre Oberlippe, weich und schwungvoll wie eine Welle. Steffen führte die Hand an den Mund und strich über seine Lippen. Er schloss die Augen und atmete ein. An seiner Hand der Geruch der letzten Nacht.

Ihre Hand: Die Finger schlank und kräftig, die Nägel kurzgeschnitten, unlackiert. Er hatte mit den Fingerspitzen ihren Handrücken gestreichelt. Ihre Finger zuckten und sie griff nach seiner Hand, umschloss sie und zog sie zu sich hin. Er spürte ihren Atem. Vor einem Tag hatte er sie noch nicht gekannt. Aber in dieser Nacht hatte sie neben ihm gelegen, als gehörte sie nur dort hin.

Ihre Augenlider zitterten. Sie strich mit seiner Hand über ihr Gesicht und rieb sie an ihrer Wange. Sie blinzelte und sah ihn an. Sie lächelte. Sie fasste seinen Rücken und zog sich zu ihm hin. Er umarmte sie und hielt sie fest. Sie fuhr mit den Fingerspitzen seine Wirbelsäule entlang.

Sie fasste seinen Hinterkopf, zupfte mit ihren Lippen an seiner Unterlippe, strich über seinen Mund. Ihre Zunge spielte über seine Lippen. Sie küsste ihn, zog den Kopf zurück und bewegte ihre Finger über seine Wange, fuhr damit über sein Kinn, seinen Hals.

Sie war aufgestanden, hatte aus dem Durcheinander auf dem Boden ihre Sachen herausgesucht. Er sah ihr dabei zu, wie sie sich anzog. Sie wandte ihm den Rücken zu, ließ sich Zeit. Ein Spiel.

Dann drehte sie sich zu ihm herum, knöpfte die Hose zu, streckte sich. Sie sah ihn an. Ein tiefer und doch fast scheuer Blick. Als wundere sie sich selbst, nur für einen Moment, was sie hier tat. Hier, beim ihm. Sie bückte sich nach ihrem BH und zog ihn an. Es hatte Steffen daran erinnert, wie sie ihn in der Nacht langsam über ihre Arme von sich gleiten und zu Boden hatte fallen lassen. Dann drehte sie den Kopf langsam zu ihm hin, bis sich ihre Blicke wieder trafen.

Steffen legte sich zurück und schloss die Augen, versank in süßschwere Müdigkeit. Claudia war gegangen. Aber er war sicher, dass er sie wiedersehen würde. Vielleicht noch am Abend. Vielleicht erst morgen. Bald auf jeden Fall. Sie hatte seine Nummer und sie würde sich melden.

In seinem Kopfkissen ein Hauch ihres Parfums. Er atmete es ein. Und sie war da. Wieder da. Er spürte sie, wie sie neben ihm lag, wie ihre Brust sich hob und senkte. Dann legte sie sich auf ihn und ließ sich in seine Arme sinken. Er fing sie auf. Sie küssten sich und verloren alle Gedanken. Sie nahm ihn in sich auf. Er war in ihr. Nichts als in ihr.

Das Telefon klingelte.

Steffen schreckte hoch.

„Ja?“

„Aufstehen.“

„Was?“

„Es ist gleich eins.“

Steffen schloss die Augen und versuchte, in die Welt zu finden.

„Oder soll ich noch ‘ne Stunde warten?“

Stöpsel.


 

 

 

 

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